Jonathan bekommt ein ganz kribbeliges Gefühl im Bauch, wenn er an seinen Vortrag denkt. Seine Hände sind ein bisschen feucht. Er isst nur die Hälfte seines Butterbrotes.
«Milo, ich wünschte du wärst jetzt hier», denkt Jonathan traurig.
«Am liebsten würde ich heute nicht in die Schule gehen.»
Die Uhr des Kirchturms schlägt achtmal. Jonathan blickt aus dem Fenster auf das grosse Ziffernblatt. Die Zeiger stehen auf Punkt acht. Ich muss los, denkt er sich und macht sich auf den Weg. Jonathan läuft langsam den Weg entlang. Ich möchte da nicht hingehen, denkt er. Ein wenig Bauchschmerzen hat er auch noch bekommen und seine Hände sind immer noch ganz schwitzig. Vor der Schule bleibt Jonathan stehen. Ohne Milo schaffe ich das nicht, denkt er sich. Jonathan setzt sich auf eine Sitzbank, die den Wegrand säumt und schaut in den Himmel.
«Milo, ich kann das nicht», flüstert er. «Was, wenn die anderen über meinen Vortrag lachen?»
Der Himmel ist tiefblau und die Sonne scheint. Einzelne Wolken zieren den Himmel. Jonathan schaut zu, wie sich die Wolken verformen. Milo und er haben oft zusammen den Himmel nach Tieren abgesucht. Jonathan muss bei der Erinnerung lächeln. Sie lagen jeweils ganz nah beieinander auf der Wiese. Milo entdeckte natürlich immer Vögel, Mäuse oder andere Katzen. Jonathan entdeckt heute eine Schildkröte und weiter hinten einen Fisch. Oft verwandeln sich die Tiere in andere Tiere oder sind plötzlich verschwunden. Die Schildkröte verformt sich langsam. Jonathan schaut angestrengt in den Himmel. Die Sonne blendet ihn. Er schirmt mit der Hand seine Augen ab. Die Schildkröte löst sich in viele kleine Wölkchen auf. Plötzlich setzt sich Jonathan ruckartig aufrecht hin. Da ist Milo. Aufgeregt schaut er in den Himmel. Ja, Jonathan ist sich ganz sicher, dass da hinten Milo ist.
Über Jonathans Gesicht breitet sich ein Strahlen aus. Er lacht, springt auf die Sitzbank und streckt seine Hand zu Milo aus.
«Hallo Milo!», ruft er und winkt ihm lachend zu. «Ich bin so froh, dass du da bist, Milo! Ich habe heute meinen Vortrag», ruft Jonathan.
Jonathan ist so erleichtert, dass er den restlichen Weg zur Schule hüpft. «Weisst du, jetzt, wo ich weiss, dass du da bist, fühle ich mich viel sicherer. Ich habe keine Angst mehr, weil ich weiss, dass du an meiner Seite bist. Und ich weiss jetzt auch, was du gemeint hast.»
Jonathan läuft durch das Schulhaus und bleibt vor seinem Klassenzimmer stehen. Er atmet einmal tief durch. Dann öffnet er stolz und selbstbewusst die Tür zu seiner Klasse.
Wir beschäftigten uns intensiv mit der Dramaturgie der Erzählung, dem Spannungsbogen, der Erzählperspektive, der Figurenrede, der Figurenzeichnung und dem Setting. Inspiration zu dieser Geschichte gab mir ein roter Kater, der häufig im Treppenhaus unseres Wohnblocks übernachtet.